

Mitte von Morgen vom Kollektiv Offener Kanal Europa (Nora Spiekermann, Margarete Kiss) wurde im Ostseeviertel in Hohenschönhausen durchgeführt. Offener Kanal Europa hat sich das Ziel gesetzt, das Ostseeviertel in Hohenschönhausen als das “Mitte von Morgen” zu bewerben. Dafür hat der Offene Kanal Europa sich im Ostseeviertel nach lokalen Besonderheiten und gesellschaftsrelevanten Orten auf die Suche begeben. Die Expert:innen waren die Anwohner:innen, die von Offener Kanal Europa über die Geheimtipps ihres Viertels interviewt wurden. Zugleich bot dieser marketing-orientierte, bewusst irritierende und in alltägliche Prozesse eingreifende Zugang die Chance, über die Besonderheiten und Veränderungen im Kiez zu sprechen.
Für die Ausstellung "Was geht?" wurde die Installation kuratorisch aufbereitet und so für jede:n erfahrbar. Alle Besucher:innen wurden gefragt: Was macht deinen Kiez liebens- und lebenswert? Welche Orte, Eigenheiten oder Menschen machen deinen Kiez besonders? Was würdest du Menschen aus anderen Stadtteilen Berlins, Städten oder Ländern über deinen Kiez erzählen?
Mehrere Tage war Offener Kanal Europa im November 2021 im Ostseeviertel unterwegs, ist auf Anwohner:innen und Gewerbetreibende zugegangen und hat gefragt, was sie im Ostseeviertel empfehlen können. Entstanden sind neun Jingles, kurze Audio-Clips, in denen sie zu Wort kommen: Warum bei Schneiders-Reisebüro die nächste Reise buchen? Wo gibt's die besten Quarkbällchen? Und warum ist das von der Existenz bedrohte Kunsthaus 360° ein bedeutungsvoller Ort ist, der nicht verschwinden darf? Jeder Jingle wird gerahmt von schreienden Möwen und Meeresrauschen, die den Bezug des Viertels zur Ostsee hörbar machen. Im Viertel selbst, ist die Ostsee durch zahlreiche Straßennamen und Malereien auf Stromkästen präsent. Die Jingles werden zukünftig im Radio gespielt, wodurch der oder die Hörende – vielleicht noch nie im Ostseeviertel gewesen – hoffentlich einen Ausflug wagt. Wozu bis nach Rügen fahren, um Ostseeluft zu schnappen?
Die Jingles wurden bei einer öffentlichen Veranstaltung auf dem Prerower Platz am 11. Dezember 2021, dem zentralen Platz im Ostseeviertel, in einer Performance präsentiert. Typisch einer Werbeaktion, präsentierte Offener Kanal Europa in abgestimmten Kostümen, an Stehtischen mit Flyern und Aufklebern über große, eindrückliche Lautsprecher die Jingles. Dazu gab es Heliumballons, die nicht nur Kinder und Eltern einluden, näher zu kommen. Passant:innen konnten auf kleinen Zetteln ihre Lieblingsorte im Ostseeviertel aufschreiben und sie via Luftpost in die umliegenden Viertel verschicken.




© Raquel Gomez
Mitte von Morgen hat die Anwohner:innen in den Mittelpunkt gestellt. Es wurde sich nicht nur über besondere Orte ausgetauscht, sondern auch über Bedürfnisse und grundlegende Veränderungen im Ostseeviertel gesprochen. Zusätzlich werden diejenigen, die noch nie dort waren, neugierig gemacht, das Viertel zu erkunden. Das Ostseeviertel ist dabei aktuell stark geprägt vom Bevölkerungswachstum Berlins und den Gentrifizierungsprozessen von Mitte bis zum Weitlingkiez. In diesem Kontext ist das Ostseeviertel vielleicht nicht das Mitte von Morgen, sondern das Mitte von Heute.
"Mitte von Morgen" war Teil des Projekts "Was geht? Visionen von Zukunft und Gegenwart".